EU-Referendum / Brexit

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    Es gibt 435 Antworten in diesem Thema. Der letzte Beitrag () ist von The Flying Scotsman.

      EU-Referendum / Brexit

      EU-Referendum: Die Drohung mit der Drohung

      Experten befürchten, dass ein Brexit zum Zerbechen der EU führen könnte
      Ein schottischstämmiger CDU-Politiker bringt eine ganz neue Perspektive in die Diskussion
      Seiner Meinung nach, könnte ein Austritt aus der EU zum Zerfall Großbritanniens führen
      Die Gefahr eines "Brexit" kommt immer näher. Experten befürchten, dass ein Austritt Großbritanniens aus der EU eine Kettenreaktion auslösen könnte, die zu einem Auseinanderbrechen der Staatengemeinschaft führen könnte.

      Die Schotten sind europafreundlich

      Doch der CDU-Europaabgeordnete David McAllister bringt eine ganz neue Perspektive ins Spiel. Er warnt davor, dass der Brexit die Einheit des Vereinigten Königreichs in Gefahr bringen könnte. Der CDU-Mann, dessen schottisches Erbe man schon am Namen erkennt, warnt davor, dass die europafreundlichen Schotten ihre Entscheidung zum Verbleib im Königreich im Falle eins Brexits noch einmal überdenken könnten.

      In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der gebürtige Halbschotte: "Wenn es eine knappe Mehrheit für den Austritt gäbe und die europafreundlichen Schotten dagegen stimmen, würde das in Schottland erneut die Debatte um die Unabhängigkeit auslösen."

      Schon einmal hatten die Schotten über eine Unabhängigkeit abgestimmt. 2014 hatten sie sich in einem Referendum mit 55 Prozent gegen eine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich entschieden.

      Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat bereits gesagt, dass ein EU-Austritt Großbritanniens eine neue Abstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands nach sich ziehen werde.

      Brexit könnte auch den Nordirland-Konflikt anheizen

      Der frühere Ministerpräsident Niedersachsens warnte: "Die vorhandenen Fliehkräfte im Vereinigten Königreich würden durch einen EU-Austritt verstärkt."

      Umfragen zeigen, dass es in Schottland, Wales und Nord-Irland klare Mehrheiten für einen EU-Verbleib gibt. So geht man beispielsweise für Schottland davon aus, dass sich am Wahltag bis zu 70 Prozent für einen Verbleib in der EU aussprechen, sagte McAllister. Für ganz Großbritannien sehen Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Brexit-Befürwortern und -Gegnern voraus.

      Nicht nur das. McAllister befürchtet auch, dass "ein EU-Austritt den überwunden geglaubten Nordirland-Konflikt wieder auslösen könnte". Denn der EU-Beitritt der beiden Länder hätte zu einem Abkühlen des jahrzehntealten Konflikts geführt.

      "Unter dem EU-Schirm mit einer offenen Grenze zur Republik Irland wurde ein modus vivendi für den Nordirlandkonflikt gefunden, dem bei einem Brexit die Grundlage entzogen würde", sagte der CDU-Politiker.

      Vor dem nahenden Brexit-Referendum erhöhte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble den Druck auf die Briten.

      "Ein "Brexit" wäre hart für jedermann - vor allem aber für Großbritannien", sagte Schäuble am Freitag in Berlin auf einer Investorenkonferenz der Deutschen Bank und verwies auf die Konsequenzen. Schäuble hatte zuvor stets betont, dass ein Votum für den "Brexit" nicht mit Nachverhandlungen wieder rückgängig gemacht werden könne.

      Bei der Entscheidung der Briten geht es nach seiner Darstellung auch um die Vorzüge des EU-Binnenmarktes: "Drin heißt drin und raus heißt raus."

      Quelle: The Huffington Post


      “For where all love is, the speaking is unnecessary. It is all. It is undying. And it is enough.”



      "I wanted ye from the first moment I saw ye. But I loved ye when ye wept in my arms that first night at Leoch. But now...I wake up every day, and I find that I love you more than I did the day before."

      Schottland: 2:1 für die EU-Mitgliedschaft

      Schottland spielt beim Brexit-Referendum eine besondere Rolle. Die fünf Millionen Einwohner gelten als Europafreunde, Umfragen zufolge wollen hier doppelt so viele Wähler für eine Verbleib in der EU stimmen, wie dagegen.

      Das Parlament und der öffentliche Diskurs sind weniger polarisiert als im Süden. Aber auch hier spielt das Gefühlt eine große Rolle, die komplexe Frage wird häufig auf einige wenige Themen zugespitzt.

      “Wir sollten nicht gezwungen werden, Leute in unserer Heimat zu holen”, glaubt eine junge Arbeitnehmerin im westschottischen Küstenort Obam. “Sie nehmen unsere Sozialleistungen, unser Geld, Häuser, alles. Ich finde, die Einwohner hier sollten Vorrang haben. Nicht Flüchtlinge. Sie kommen nur für unser Geld her und deshalb finde ich, sollten wir die EU verlassen.”

      Ein älterer Herr hält dagegen: “Zusammen sind wir stärker. Großbritannien ist keine Weltmacht mehr. Wir sind eine kleine Insel, unsere Wirtschaft ist nicht mehr top. Ich weiß nicht, wie wir auf uns allein gestellt blühen sollen.”

      Euronews-Reporter Julian Lopez: “Laut Analysten hat die Brexit-Debatte Auswirkungen auf die politische Agenda in Schottland. Nicola Sturgeon, die Regierungschefin Schottlands, hat erklärt, dass sie ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum ansetzen würde, falls Großbritannien für den Brexit stimmt. Und Umfragen zufolge könnte das Ergebnis diesmal anders ausgehen, als vor fast zwei Jahren.”


      Quelle: Euronews


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      EU-Referendum: Die Drohung mit der Drohung

      Die Schotten sind mehrheitlich für die EU. Premierminister Cameron setzt das im Kampf gegen den Brexit ein. Dieser, sagt er, könnte zu einem weiteren Unabhängigkeitsreferendum führen und das Vereinigte Königreich zerstören.

      E wäre nicht das erste Mal, dass sich das Schicksal des Königreichs in Schottland entscheidet, aber am Bahnhof von Polmont ist die Größe des Moments nicht recht erkennbar. Eher beiläufig greifen die Pendler, die an diesem Nachmittag ankommen und an den geharkten Beeten vorbei in ihre Häuschen eilen, zu Ben Zielinskis Flugblättern, die für den Verbleib in der EUwerben. Manche lächeln. Andere verziehen keine Miene. Die wenigsten werfen einen Blick auf das Papier. Es könnten auch die Sonderangebote der örtlichen Reinigung draufstehen.

      In Polmont regt das bevorstehende EU-Referendum die wenigsten auf. Zielinski, Anwalt in Edinburgh mit Wohnsitz in Polmont, dachte sich, dass die Kampagne trotzdem irgendwann losgehen muss, und so wählte er einen Tag, holte das Werbematerial im Büro der „Britain stronger in Europe“-Kampagne ab, darunter sein weißblaues T-Shirt mit dem Aufdruck „I’m in“, und fragte noch nach etwas Geld für einen jungen Helfer, der jetzt am anderen Ausgang des Bahnhofs Broschüren verteilt. Die Resonanz sei nicht überwältigend, stellt Zielinski gegen Ende seiner Aktion verdrossen fest. „Aber als erfahrener Wahlkämpfer kann ich Ihnen sagen: Fast zwei Drittel werden hier fürs Drinbleiben stimmen. Das sehe ich in den Augen.“

      Zielinskis Prognose wird von der Zunft der Meinungsforscher bestätigt, ungefähr, weshalb man seinen Beobachtungen Glauben schenken darf. Polmont, das ziemlich genau zwischen den beiden schottischen Metropolen Edinburgh und Glasgow liegt, will mehrheitlich in der EU bleiben, so wie die schottische Nation als Ganzes. Das freut vor allem das politische Establishment in London, denn allzu viele solcher Regionen gibt es im Vereinigten Königreich nicht – eigentlich nur noch Nordirland, ein paar Großstädte und der Großraum London.

      In den ländlichen Gegenden von England und Wales ziehen die europafreundlichen Wahlkämpfer seit Wochen lange Gesichter. Viele glauben, die Sache sei gelaufen. Allenthalben werden sie auf „die Einwanderer“ angesprochen, die man sich nur vom Leib halten könne, wenn man wieder die Kontrolle über die eigenen Grenzen zurückgewinne. Denn die Kontrolle, heißt es, habe man aufgegeben, als London dem EU-Binnenmarkt und damit dem grenzenlosen Freizügigkeit der Arbeitskräfte zustimmte. Neuerdings steht Europa auch noch für den Zustrom aus den islamischen Ländern. Die Wahlkämpfer der beiden Ausstiegskampagnen „Vote Leave“ und „Leave EU“ haben hier ganze Arbeit geleistet.

      Einheit des Königreichs in GefahrDass die Schotten bei den zunehmend unruhiger werdenden „Remainers“ um Premierminister David Cameron hoch im Kurs stehen, liegt nicht an deren Wahlverhalten allein. Die Schotten dienen auch als Waffe im Kampf der Argumente. „Ganz ehrlich“, sagte Cameron in dieser Woche im Fernsehen, „ich befürchte ein zweites Schottlandreferendum, wenn wir für den Ausstieg stimmen.“ Zwei seiner Vorgänger, John Major und Tony Blair, sagten wenig später, dass ein Brexit „die Einheit des Königreichs gefährdet“. Zum Slogan verdichtet heißt das: Wählt für Europa, damit Britannien zusammenbleibt! Oder, in den Worten Camerons: „Wenn Sie Ihr Land lieben, sollten sie nicht in einer Weise abstimmen, die zu seinem Auseinanderbrechen führen könnte!“

      Polmont war einmal eine Arbeitersiedlung. Die Schornsteine der Grangemouth-Ölraffinerie, die hinter dem Bahnhof aufragen, rauchen noch, aber durch die Entlassungen der vergangenen Jahrzehnte wurden viele Häuser in der Gegend frei, in die nun Schotten gezogen sind, die sich die Mieten in Edinburgh und Glasgow nicht mehr leisten können. Die EU ist hier weit weg, und doch wieder nicht weit genug. Anders als in den nördlicher gelegenen, strukturschwachen Highlands gibt es hier keine neuen Straßen, vor denen Schilder auf die freundlichen Finanziers aus Brüssel hinweisen. Aber in Polmont, wo das Geld nicht locker sitzt, hat man das Rechnen gelernt. Es sei das Wirtschaftsargument, das ziehe, meint Zielinski. „Die Leute hier kapieren einfach nicht, warum man durch einen Brexit etwas riskieren sollte.“


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      „Brexiteers“

      In der britischen Hauptstadt, 700 Kilometer südlich von hier, vergeht kein Tag, an dem nicht irgendjemand vor den Folgen eines Austritts warnt. Banker sagen den Niedergang des Finanzplatzes London voraus, Zentralbankchef Mark Carney sieht eine Rezession aufziehen, Schatzkanzler George Osborne ließ sogar ausrechnen, wie viele Pfund Sterling der britischen Durchschnittsfamilie in der Haushaltskasse fehlen würden: 4300 im Jahr. Die „Brexiteers“ halten dem ganz andere Zahlen und Projektionen entgegen, aber sie dringen nicht durch. Es fehlt ihnen die Autorität des Amtes, weshalb sie dazu übergegangen sind, die Autoritäten einfach anzuzweifeln. Haben nicht alle „Fachleute“, die Bankvorstände, das Schatzkanzleramt, der Internationale Währungsfonds, versagt, als es darum ging die Finanzkrise von 2008 vorauszusehen? Und, so fragen die Ausstiegsfreunde um den früheren Londoner Bürgermeister Boris Johnson weiter: Rieten nicht all die vermeintlichen Wirtschaftsweisen in den neunziger Jahren zum Einstieg in den Euro – in eine Währung also, die, wie man heute überall im Königreich hören kann, eine „Katastrophe“ ist?

      Es hilft nichts. „Das Wirtschaftsargument haben die Remainer gewonnen“, stellt Dan Kenealy fest. Der Politikwissenschaftler sitzt in einem Café vor dem Regierungsgebäude in Edinburgh, in dem seine Beratungsdienste gefragt sind, und denkt über die Frage nach, warum die Schotten so europafreundlich sind. In Wahrheit sind sie es gar nicht, sagt er schließlich und zieht die Umfragedaten seines Instituts für „Social Policy“ in Edinburgh heran. Sie zeigen, dass die Zahl der „Remainers“ in Schottland nur fünf bis zehn Prozent höher ist als im Rest des Königreichs. Mit anderen Worten: Auch in Schottland wollen etwa vierzig Prozent der Bürger die EU verlassen. Und diejenigen, die am 23. Juni für den Verbleib stimmen, tun dies beileibe nicht aus Überzeugung: „Sie lieben die EU nicht, sie sind sogar sehr skeptisch, aber sie wollen nicht ganz raus aus der EU“, sagt der Wissenschaftler.

      Politische Ermattung

      Emotionen setzt eine solche Stimmungslage nicht frei. Schotten wie der Kolumnist Alex Massie führen das fade Debattenklima aber auch auf die „allgemeine politische Ermattung“ zurück. Im Mai wurde das schottische Parlament in Edinburgh neu gewählt. Im Jahr zuvor waren die Schotten aufgerufen, das Unterhaus in London zu wählen. Und acht Monate davor hatten sie es mit der Mutter aller Volksabstimmungen zu tun, der zur schottischen Unabhängigkeit.

      Damals, im September 2014, war Schottland nicht wiederzuerkennen. Eine ganze Nation befand sich im politischen Rausch. Beide Lager bildeten Drückerkolonnen und verwickelten jeden Bürger an der Haustür in Diskussionen. Es gab kein anderes Thema in den Pubs, in den Sportvereinen, am Arbeitsplatz. Stände waren aufgebaut, Konzerte wurden gegeben, in den Fenstern hing das weißblaue Andreaskreuz oder, gelegentlich, der Union Jack. Jetzt hängen wieder die Gardinen.

      Nach längerem Nachdenken findet Politikwissenschaftler Kenealy dann doch drei Gründe – einen wirtschaftlichen, einen historischen und einen kulturellen – für Schottlands etwas tiefere Neigung zur EU. Zum einen profitieren die Schotten von den Zuwendungen aus dem Brüsseler Regional- und Strukturfonds. Zum anderen, sagt er, hätten sie die EU als „Schutzschild gegen Thatcher“ erlebt. Das will er auch als Chiffre verstanden wissen. Die Rede ist nicht nur von den Brüsseler Vorbehalten gegen Premierministerin Margaret Thatcher, die in den achtziger Jahren die industrielle Basis des Königreichs zerschlagen, die Gewerkschaften entmachtet und sich vor allem den britischen Norden zum Feind gemacht hat. Er spricht von Brüssel als ständigem Gegenentwurf zum neoliberalen angelsächsischen Modell: „Wir sind einfach ein bisschen sozialdemokratischer als der Rest der Insel.“


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      Nationale Grundsatzfrage

      Der dritte, kulturelle, Grund führt geradewegs in die Debatte über ein weiteres Unabhängigkeitsreferendum. „Die Schotten“, sagt Kenealy, „fühlen sich schlicht anders als die Engländer.“ Tatsächlich ist zuweilen auf der Straße zu hören, dass man schon deshalb für den Verbleib in der EU stimme, weil im Süden so viele den Brexit wollen. Es ist dieser Antagonismus, der in einer weiteren Rebellion gegen den Rest des Königreichs münden könnte. Das legen jedenfalls Stimmen aus der regierenden Schottischen Nationalpartei (SNP) nahe. Würden die Schotten gegen ihren Willen aus der EU gekegelt, lautet ihr Argument, hätten sie das Recht, noch einmal die nationale Grundsatzfrage zu stellen. Alex Salmond, der nach dem verlorenen Unabhängigkeitsreferendum den Posten des Ministerpräsidenten für Nicola Sturgeon räumte, präzisierte diesen Gedanken kürzlich im Fernsehen: „In einer Situation, in der Schottland für Bleiben stimmt und der Rest des Königreichs oder Englands mit einem Ausstiegsvotum Schottland aus der EU zieht, würde das meiner Meinung nach ein weiteres Referendum rechtfertigen.“

      Warnen Cameron und seine Vorgänger also mit gutem Grund vor dem Auseinanderbrechen des Königreichs – ist die Drohung mit der Drohung gerechtfertigt? In Edinburgh bezweifeln viele einen solchen „Automatismus“ – und das selbst in Kreisen, die mit Cameron europapolitisch an einem Strang ziehen. Im Umfeld der schottischen Regierungschefin wird darauf aufmerksam gemacht, dass sich Sturgeon bewusst vage zu dem Thema äußere. Die Ministerpräsidentin wisse sehr genau, dass die SNP „nur noch einen Schuss freihat“, heißt es dort. Erst wenn sich in Umfragen eine stabile Mehrheit für eine Unabhängigkeit abzeichne – die Rede ist von mindestens 60 Prozent über mehrere Monate –, werde sie ein zweites Unabhängigkeitsreferendum wagen.

      Dämpfer für schottischen NationalismusDavon ist die SNP aber weit entfernt. Bei den jüngsten Regionalwahlen hat die Partei des schottischen Nationalismus zum ersten mal seit Jahren einen Dämpfer erhalten. Sie verlor zwar keine Stimmen, aber Wahlkreise und damit ihre absolute Mehrheit. Die schottischen Meinungsforscher haben herausgefunden, dass ein Brexit die Unabhängigkeitsneigung noch einmal beflügeln würde – aber nicht in ausreichender Höhe. Aus den gegenwärtig 47 Prozent, die sich einen eigenständigen schottischen Staat wünschen, könnten zwar vorübergehend 53 Prozent werden, aber eben längst keine 60.

      Es wäre allerdings nicht das erste Mal, dass sich britische Umfrageinstitute irren. Vor den wichtigen Abstimmungen der vergangenen zwei Jahre lagen viele von ihnen irritierend falsch. Auch Kenealy will nicht bestreiten, dass unerwartete Entwicklungen seine sorgsam ermittelten Zahlen über Nacht hinfällig machen könnten: ein weiterer Terroranschlag in Europa zum Beispiel, oder auch das Wiederaufflammen der Flüchtlings- und Migrantenkrise.

      Am Bahnhof von Polmont lässt sich erahnen, in welche Richtung solche Ereignisse ausschlagen würden. Zielinski will gerade seinen einsamen Kampagnentag beenden, da bereitet ihm ein bulliger Mann mit einer ausgebeulten Aktentasche in der Hand einen unerwartet lauten Abschied. „Sie! Sie haben doch überhaupt keine Vision!“, blafft er Zielinski an und bleibt vor ihm stehen. „Diese Mistkerle aus der islamischen Welt werden uns alle überrollen – und Sie wollen in einem Europa der offenen Grenzen bleiben!“ Zielinski starrt ihn entgeistert an. Auf diese Art von Diskussion war er nicht vorbereitet. Nach einer spontanen, etwas matten Ehrenrettung des muslimischen Einwanderers, wendet sich Zielinski ab, verstaut die verbliebenen Broschüren in seinem Beutel und verschwindet im Abend von Polmont. So hatte er sich den Wahlkampf auch wieder nicht vorgestellt.

      Quelle: Frankfurter Allgemeine


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      Das Brexit-Alphabet: von Bananen, Hooligans und Anti-Europäern

      Brexit oder kein Brexit? Bald stimmen die Briten über den Verbleib in der EU ab. Zeit zu fragen: Wer will eigentlich was, warum tun sich Europa-Fans so schwer, und was haben Bananen damit zu tun? Unser Brexit-Alphabet, erster Teil.

      A wie Anti-Europa: Grundton des insularen Lebens, auch jenseits der aktuellen Debatte. Großbritanniens EU-Beitritt war nie Liebeserklärung, sondern getrieben von Kosten und Nutzen. Der "Daily Express" bilanzierte schon in den 80er-Jahren: "Der letzte wirklich erfolgreiche britische Ausflug nach Europa war am 6. Juni 1944." D-Day, klar. Meist endeten die übrigen Ausflüge auf den Kontinent mit Niederlagen im Elfmeterschießen und marodierenden -> Hooligans.

      B wie Banane: Die Südfrucht war großes Wahlkampfthema. Der oberste Outist, Londons ehemaliger Bürgermeister -> Boris Johnson, wähnte Großbritannien auf dem Weg in eine Bananenrepublik für den Fall des EU-Verbleibs. Er sagte obendrein, die Eurokraten in Brüssel verböten, mehr als drei Bananen am Stück zu verkaufen. Das ist Unfug - wie so vieles aus seinem Mund. (siehe Video, Minute 2:30) Zum Beispiel, dass Kinder unter acht Jahren keine Luftballons aufblasen dürfen. Prinzipiell gilt aber für beide Seiten: Viele Argumente sind schlicht Banane.

      C wie Cameron, David: Konservativer Premierminister, dem die Nation, der Kontinent und die ganze Welt den Referendums-Schlamassel verdankt. Er wollte damit ursprünglich die Euroskeptiker in seiner Partei befrieden und den Rechtsauslegern von -> UKIP das Wasser abgraben. Schon jetzt lässt sich sagen: Mission misslungen. Land und Leute sind gespalten wie nie, seine Partei obendrein zerrissen wie nie. Stimmen die Briten für den Austritt, wäre Cameron alsbald wohl früherer Premier. In diesem Fall dürfte vermutlich Boris Johnson -> Banane einziehen in die ...

      D wie Downing Street 10: Hübsches Gässchen im Zentrum von London, in der zurzeit -> David Cameron residiert. Noch. Es gibt nicht wenige, die sagen, die einzige Zahl, die Johnson, Boris -> Bananen in der ganzen Europa-Diskussion wirklich interessiere, sei die Nummer 10.

      E wie Europäische Union: In der EU leben zirka 500 Millionen Menschen, die nach Einschätzung von -> UKIP-Führer -> Nigel Farage alle nach Großbritannien wollen. Außerdem demnächst auch noch 80 Millionen Türken, die erst in die EU streben und dann selbstverständlich alle auf die Insel. Viele Briten wissen verblüffend wenig über die EU, nicht mal die britischen Parlamentarier wissen viel über die EU. Sie verwechseln gerne Parlament mit Kommission und umgekehrt oder Brüssel mit Straßburg. Außerdem heißt es gern, die EU sei undemokratisch (sie meinen dann allerdings die EU-Kommission), weil nicht gewählt. Allerdings: Auch die Lords im britischen "House of Lords" sind nicht gewählt. Aber das ist dann etwas ganz anderes, weil eben von Briten ausdrücklich nicht gewählt. Das Angenehme ist: Die EU-Unwissenheit fällt auf der Insel kaum jemandem auf. Außer EU-Bürgern natürlich.


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      F wie Farage, Nigel: Chef und Alleinunterhalter der United Kingdom Independence Party -> UKIP. Parteiprogramm: keines. Außer -> Immigranten raus und raus aus der -> EU. Und zwar mit aller Macht und so stimmgewaltig, dass UKIP ausgerechnet bei den Europawahlen im Mai 2014 stärkste Partei wurde und mit 24 Abgeordneten im verhassten Brüssel sitzt. Farage hat französische Vorfahren und eine deutsche Frau. Ob es einen kausalen Zusammenhang mit seinen familiären Verhältnissen und seiner anti-europäischen Haltung gibt, ist wissenschaftlich noch nicht untersucht.

      G wie Gove, Michael: Justizminister, alter Freund von David Cameron und vermutlich bald Ex-Freund. Neben -> Farage, Nigel und Johnson, Boris -> Bananen einer der lautstärksten Europa-Kritiker. Minister Gove erhält publizistische Unterstützung von seiner Gattin Sarah Vine, die für die inoffiziell-offizielle Anti-EU-Publikation "Daily Mail" -> Pressewirkt und dort sagenhaft dämliche Kolumnen schreibt. Gove wurde in Schottland geboren, sein Vater verlor seinen Job im Fischerei-Gewerbe. Schuld am Job-Verlust war selbstverständlich die -> EU. Blöderweise widerspricht sein eigener Vater und sagt, dass die -> EU keineswegs Schuld gewesen sei. Er hat seinen Laden schlicht verkauft.

      H wie Hooligans: Englische Fußball-Fan-Gruppierung, von der man eigentlich glaubte, es gäbe sie nicht mehr. Zu alt, zu überholt, zu revanchistisch. Fast wie die -> EU aus Sicht ihrer Kritiker. Aber falsch gedacht. Es gibt sie noch. Oder wieder. Zurzeit sind sie auf Bildungsreise durch Frankreich, dort aber von den Vorzügen kontinentaler Kultur offenbar nur schwer zu begeistern und ergo weitenteils dem "Leave"-Lager zugetan. Bei Auseinandersetzungen mit der französischen Polizei in Marseille sangen die jungen Herren auch politisch Aussagekräftiges: "Fuck off Europe, we're all voting out!" Vermutlich endet die Bildungsreise wie immer: im Elfmeterschießen.

      I wie Immigranten: Wurzel allen Übels. Die konservative ->Presse und -> UKIP kämpfen seit Jahren Hand in Hand gegen den Zuzug. Gemeinsamer Tenor: Ausländer nehmen Briten die Arbeitsplätze weg, leben von Sozialhilfe und gefährden die innere Sicherheit. Mehr als zwei Millionen EU-Bürger leben und arbeiten in Großbritannien; in etwa so viele Briten leben als Immigranten in der -> EU. Von den in Großbritannien lebenden Europäern sind 89 Prozent fest angestellt. Studenten im Übrigen nicht mal eingepreist, die unanständig hohe Studiengebühren zahlen und allein in London zirka drei Milliarden Pfund pro Jahr lassen.

      J wie Johnson, Boris: -> Banane.

      K wie Kosten: Großes Thema! Auf dem roten Wahlkampf-Bus von Johnson, Boris: -> Banane steht in großen Buchstaben "Wir schicken jede Woche 350 Millionen Euro an die EU." Das stimmt natürlich nicht, und neutrale Faktenhuber mahnen, er solle das endlich korrigieren. Tut er aber nicht. Die Wahrheit deshalb hier: Großbritannien ist nach Deutschland der zweitgrößte Netto-Einzahler in die EU. Die Kosten pro Kopf und Bürger entsprechen etwa 100 Pfund pro Jahr. Dass die Briten aus Brüssel selbstverständlich auch Geld bekommen und strukturschwache Regionen mit Milliarden subventioniert werden, geht unter.


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      L wie Labour-Party: Ehemalige Volkspartei, die nach dem Wahldesaster im vergangenen Jahr mit dem Hinterbänkler Jeremy Corbyn einen kauzigen Alt-Sozialisten an die Spitze beförderte. Die Partei ist seit Monaten schwerpunktmäßig damit beschäftigt, sich selbst zu zerlegen. Fürs Referendum bleibt vor lauter Selbstzerlegen deshalb kaum Zeit. Fast die Hälfte der Labour-Wähler wissen nicht, wo ihre Partei in der In/Out-Frage überhaupt steht. Für alle Labour-Parteigänger unter den Lesern deshalb ein kleiner Service: In. Remain. Bleiben. Bitte gerne auch weitersagen. Wenn's Labour schon nicht tut.

      M wie Merkel, Angela: Bundeskanzlerin, Pro-Europäerin und Vertraute von -> Cameron, David. Sie wird nicht müde, für den Verbleib Britanniens in der EU zu werben. Oder vielleicht doch langsam müde. Neulich ließ sie ihren Finanzminister Wolfgang Schäuble von der Kette. Der drohte den Briten, out bedeute auch out. Und dass sie sich ihren Zugang zum freien Markt im Fall des Austritts dorthin schieben könnten, wo die Sonne nicht scheint. Ganz so hat er das nicht gesagt, aber gemeint. Die Briten mögen das im Übrigen gar nicht. Einmischung von außen ist in etwa so beliebt wie Verlieren im Elfmeterschießen.

      N wie Nordirland: Die einzige Landgrenze Großbritanniens zur EU verläuft auf 500 Kilometern zwischen dem Norden und der Republik Irland. Bis vor 20 Jahren ein ständiger Ort der Unruhen und des Bürgerkriegs, den Briten wie Iren grenzübergreifend verharmlosend "Troubles" nennen, als handele es sich dabei um eine lästige Stubenfliege. Die Grenzen sind inzwischen so grün wie die ganze Insel. Es wucherte zusammen, was zusammengehört. Viele befürchten, dass im Falle des Brexits neue Grenzen entstehen müssen. Dreiviertel aller Nordiren werden aller Voraussicht nach für den Verbleib stimmen.

      O wie Obama, Barack: US-Präsident mit fast schäublehafter Tendenz zur Einmischung. Er warnte bei seinem letzten Besuch in Großbritannien, die Briten müssten sich nach einem Austritt bei Verhandlungen ganz hinten anstellen. Und benutzte dafür bewusst das schöne englische Wort "queue" statt des amerikanischen "line". Damit es auch jeder Brite kapiert. Kapierte auch jeder. Vergaß aber auch jeder wieder.


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      P wie Presse: Das Gesetz der Neutralität gilt in Großbritannien nicht. Der "Guardian" siedelt auf der linksliberalen Seite ebenso wie die Boulevardzeitung "Daily Mirror". Dem steht auf der anderen Seite des Spektrums eine ganze Armada von konservativen Publikationen gegenüber. Allen voran die notorische "Sun" und die "Daily Mail". Wobei die "Sun" zumindest noch lustig und ironisch sein kann, die "Mail" mit vornehmlich älterer Leserschaft aber nicht. Themenschwerpunkte sind Krampfadern, Menopause und vor allem -> EU (schlimm) und -> Immigranten (noch schlimmer).
      Q wie Queen: Die Königin darf - allen Gerüchten zum Trotz - wählen. Macht das aber nicht aus Neutralitätsgründen. Vor einigen Wochen meldete die "Sun" -> Presse, Elisabeth habe sich im kleinen Kreis für den EU-Austritt ausgesprochen. Der Palast dementierte zügig und setzte eine Gegendarstellung durch. Als Quelle der Indiskretion wird -> Gove, Michaelverdächtigt.

      R wie Remain: Bunt zusammengewürfelte Allianz aus Politikern aller Parteien, Wirtschaftsbossen, Intellektuellen, Ökonomen, Geisteswissenschaftlern, Stars und Kulturschaffenden, die für den Verbleib des Königreichs trommeln. Von der Man-Power, finanziell und auch argumentativ dem Out-Lager klar überlegen. Und doch in den Umfragen bestenfalls gleichauf. Das ist die eigentliche Überraschung. Sollte Remain nicht deutlich gewinnen, könnte aus dem Referendum ein "Neverendum" werden wie in…

      …S wie Schottland: Zwei Jahre nach der Abstimmung über die Unabhängigkeit beobachten die mehrheitlich pro-europäischen Schotten das Wahlverhalten ihrer südlichen Verwandtschaft mit größtem Interesse. Ein Brexit würde unweigerlich auch die Diskussion über ein neuerliches Referendum in Schottland wiederbeleben. Dann könnte aus Großbritannien wirklich Little Britain werden.

      T wie TV-Debatten: Scharmützel, die sich allerdings von vergleichbaren deutschen Veranstaltungen (siehe Video) wohltuend unterscheiden. -> Cameron, David weigerte sich, seinen Widersachern -> Johnson, Boris -> Banane und -> Gove, Michael direkt zu begegnen. Zwei Tage vor der Abstimmung kommt es in Wembley zu einer Art Showdown. Johnson trifft dort auf seinen Nachfolger als Londoner Bürgermeister, den Labour-Mann Sadiq Kahn. Der Sieger in Wembley wird im Übrigen nicht im Elfmeterschießen ermittelt.

      U wie United Kingdom Independence Party UKIP:Gleich -> Nigel Farage.


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      V wie Vacuum Cleaner/Staubsauger: Großes Thema wie -> Kosten und -> Banane. Der milliardenschwere Föhn und -Staubsauger-Hersteller James Dyson konvertierte zum erbitterten EU-Gegner, weil seine Staub- und Saugbläser nicht so saugen und blasen dürfen, wie James das gerne hätte. Schuld daran sind die EU-Regularien, sagt er, und kämpft seitdem für den Austritt. Danach könnte Großbritannien endlich wieder groß sein. Es sei denn die Schotten gehen. Und dann die Waliser. Und dann die Nordiren. Andererseits: Staubsauger brauchen die dann auch.

      W wie Warum überhaupt?: Gute Frage, die sich -> Cameron, David wohl auch schon gestellt hat.

      X wie Xenophobie: Ausländerfeindlichkeit, die vor allem die Partei -> UKIP politisch nutzt. Seit im vergangenen Monat die Zahlen über die Netto-Immigration veröffentlicht wurden, setzt das Leave-Lager komplett auf diese Karte. Sie haben ja sonst nichts.

      Y wie YouGov: Bekanntestes und größtes Meinungsforschungsinstitut Großbritanniens. Im vergangenen Jahr bei den Parlamentswahlen lagen alle Meinungsumfrager abendfüllend daneben. Das war immerhin die größte Übereinstimmung. Diesmal sehen sie fast übereinstimmend das Brexit-Lager knapp vorn. Womöglich ist das ein gutes Omen.

      Z wie Zeitplan:. Sollten die Briten am 24. Juni aufwachen und nicht mehr Mitglied der EU sein, wird es lang und schmutzig. -> Cameron, David müsste theoretisch die Austrittsverhandlungen führen; praktisch dürfte er allerdings seinen Job los sein. Die Gespräche dürften wenigstens zwei Jahre dauern. Und zwar nur für das notdürftige Gerüst. Fortan müssten bilaterale Verträge wohl einzeln ausgehandelt werden - heißt: im Obamaschen Sinne Schlange stehen. Sollten die Briten bleiben, gehen erst mal alle in den Urlaub und gucken zur Entspannung Fußball-EM. Bis zum obligatorischen Aus nach Elferschießen. Gegen Deutschland. Und auf der Tribüne lächelt dort milde und nur ein kleines bisschen hämisch -> Merkel, Angela.

      Quelle: Stern


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      Nationalisten könnten Brexit verhindern

      Verkehrte Welt: Ausgerechnet die Nationalisten in Schottland und Nordirland könnten dazu beitragen, dass Großbritannien in der EU bleibt.

      Je häufiger die Meinungsumfragen zuletzt eine hauchdünne Entscheidung vorhersagten, desto gebannter richtete sich die Aufmerksamkeit auf die kleineren Regionen des Vereinigten Königreichs.

      Da sei ein Szenario denkbar, sagt Politikprofessor John Curtice von der Glasgower Strathclyde-Universität und grinst dazu spitzbübisch, in dem „Nicola Sturgeon und Martin McGuinness das Land in der EU halten“ – ausgerechnet Spitzenpolitiker von Parteien, nämlich der schottischen Nationalpartei SNP sowie der irischen Sinn Féin, die ihre jeweiligen Landesteile vom Vereinigten Königreich abspalten wollen.

      Tatsächlich suggerieren die Meinungsumfragen in Schottland eine Zweidrittel-Mehrheit von EU-Befürwortern. Im Fall der angestrebten Unabhängigkeit – das Referendum ergab 2014 eine Mehrheit von 55:45 Prozent dagegen – stellte die baldige Aufnahme in den Brüsseler Club eine Leitplanke der SNP-Außenpolitik dar. Der halbdeutsche Fraktionschef der Nationalisten, Angus Robertson, gehört im Unterhaus zu den eloquentesten Verfechtern der europäischen Zusammenarbeit.

      Doch lange Wochen sah es so aus, als würden die Aktivisten vor Ort nur mit angezogener Handbremse für den Verbleib streiten. Das mag teilweise mit Erschöpfung zu tun haben: Nach dem monatelangen Streiten für die Unabhängigkeit, der Unterhauswahl im vergangenen Jahr und der Landtagswahl im Mai können sich selbst die Engagiertesten nicht mehr dauernd für Politik begeistern.

      Teilweise liegt es aber auch an eigener EU-Skepsis: Immerhin ein Drittel der SNP-Wähler neigen dem Brexit zu, haben Curtices Forschungen ergeben. Zudem mag die Kalkulation eine Rolle spielen, die da lautet: Ein Brexit würde den Nationalisten rasch die Möglichkeit zu einem zweiten Referendum eröffnen.

      So hat es der frühere Ministerpräsident Alex Salmond mehrfach verkündet und sich damit den Zorn von Verbündeten im Verbleibe-Lager zugezogen. „Er benimmt sich wie ein nicht sonderlich geheimer Agent für die Austrittsbefürworter“, kritisierte Willie Rennie von den schottischen Liberaldemokraten.

      Der Eindruck einer lauwarmer Kampagne der Nationalisten sei richtig, glaubt David Torrance, Autor mehrerer Bücher über schottische Politiker sowie über beide Referenden. „Inzwischen sind sie aber aktiver geworden, weil sie gemerkt haben, dass es zur Niederlage kommen könnte.“ Sämtliche im Edinburgher Parlament vertretene Parteien treten für den Verbleib des Landes in der Europäischen Union ein.

      Regierung von Nordirland ist gespalten

      Hingegen ist die Regionalregierung von Nordirland mittendurch gespalten: Während die irisch-katholischen Republikaner von Sinn Féin mit dem Vize-Regierungschef McGuinness sowie die anderen Nationalistenparteien in der EU bleiben wollen, agitiert die protestantische DUP von Ministerpräsidentin Arlene Foster für den Brexit. Den Meinungsumfragen zufolge dürften solide 60 Prozent pro-europäisch abstimmen.

      In der Diskussion spielt vor allem das enge Verhältnis zur Republik Irland eine Rolle, das als Garantie für den beinahe 20 Jahre anhaltenden Friedensprozess in der einstigen Unruheprovinz dient. Der Brexit werde den regen Handel über die kaum noch sichtbare Grenze behindern, ja neue Kontrollen nötig machen, warnen führende Politiker.

      Demonstrativ trafen sich die beiden britischen Ex-Premiers John Major (1990-97) und Tony Blair (1997-2007) in Derry und spazierten zusammen über die Friedensbrücke, die dort mit EU-Geld über den Foyle geschlagen wurde. „Auf dem Wahlzettel steht auch die Einheit unseres Landes“, sagte Major, der wie Blair maßgeblich am Friedensprozess beteiligt war. Die Intervention der elder statesmen bewertete Foster als „Unverschämtheit“. Kurioserweise gehört auch die britische Nordirland-Ministerin Theresa Villiers dem Brexit-Lager an.

      In Wales sind die Konservativen unter ihrem Regionalchef Andrew Davies sogar mehrheitlich für den EU-Austritt. Viele der Parteimitglieder hätten im Landtagswahlkampf „für den Brexit geworben anstatt für die Partei“, lautet die Beobachtung des Cardiffer Politikprofessors Richard Wyn Jones. Anfang Mai zog zudem Ukip mit einer starken Fraktion in den Landtag von Cardiff ein.

      Während die Nationalistenpartei Plaid Cymru und die geschrumpften Liberaldemokraten geschlossen für die Europäische Union werben, erlebt die Regierungspartei Labour unter Ministerpräsident Carwyn Jones beim Gespräch mit ihren Anhängern Ähnliches wie in vielen englischen Städten: Viele Wähler der alten Arbeiterpartei teilen die Skepsis gegenüber dem Brüsseler Club. Das Votum der gut drei Millionen Waliser dürfte deshalb ähnlich knapp ausfallen wie in England.

      Viel hängt in allen Regionen von der Beteiligung ab. Neben der Ermüdung über allzu viele Urnengänge, zumal in Schottland, wirkt auch immer noch eine Verdrossenheit über den Termin der Volksabstimmung nach. Geschlossen hatten Foster, Jones und Sturgeon bei Premier David Cameron gegen den 23. Juni protestiert, weil der Abstand zu den Landtagswahlen nur sieben Wochen beträgt.

      Dass London den Unmut ignorierte, hat die Geschlossenheit im Lager der EU-Befürworter nicht gerade befördert.

      Quelle: Frankfurter Rundschau


      “For where all love is, the speaking is unnecessary. It is all. It is undying. And it is enough.”



      "I wanted ye from the first moment I saw ye. But I loved ye when ye wept in my arms that first night at Leoch. But now...I wake up every day, and I find that I love you more than I did the day before."

      Unionsgegner könnten Briten in EU halten

      Beim Brexit-Votum werden jene Politiker, die sich von Großbritannien abspalten wollen, eine tragende Rolle spielen. Positionen in Schottland, Nordirland und Wales unterscheiden sich aber grundlegend Je häufiger die Meinungsumfragen zuletzt eine hauchdünne Entscheidung vorhersagten, desto gebannter richtete sich die Aufmerksamkeit auf die kleineren Regionen des Vereinigten Königreichs. Da sei ein Szenario denkbar, sagt Politikprofessor John Curtice von der Glasgower StrathclydeUniversität und grinst dazu spitzbübisch, in dem "Nicola Sturgeon und Martin McGuinness das Land in der EU halten" – gerade Spitzenpolitiker von Parteien, nämlich der schottischen Nationalpartei SNP sowie der irischen Sinn Féin, die eine andere Union ablehnen – jene mit den anderen Teilen des Vereinigten Königreichs. Tatsächlich legen die Meinungsumfragen in Schottland eine Zweidrittelmehrheit von EU-Befürwortern nahe. Im Fall der angestrebten Unabhängigkeit – das Referendum ergab 2014 eine Mehrheit von 55:45 Prozent dagegen – stellte die baldige Aufnahme in die EU eine Leitplanke der SNP-Außenpolitik dar.

      Zunächst wenig Begeisterung

      Doch lange Wochen sah es so aus, als würden die Aktivisten der SNP nur mit angezogener Handbremse für den Verbleib streiten. Das mag teilweise mit Erschöpfung zu tun haben: Nach dem monatelangen Streiten für die Unabhängigkeit, der Unterhauswahl im vergangenen Jahr und der Landtagswahl im Mai können sich selbst die Engagiertesten nicht mehr dauernd für Politik begeistern. Es liegt aber auch an eigener EU-Skepsis: Immerhin ein Drittel der SNP-Wähler neigt dem Brexit zu, haben Curtices Forschungen ergeben. Zudem mag die Kalkulation eine Rolle spielen, die da lautet: Ein Brexit würde den Nationalisten rasch die Möglichkeit zu einem zweiten Referendum eröffnen. So hat es der frühere Ministerpräsident Alex Salmond mehrfach verkündet und sich damit den Zorn von Verbündeten im Pro-Verbleib-Lager zugezogen. Der Eindruck einer lauwarmer Kampagne der Nationalisten sei richtig, glaubt David Torrance, Autor mehrerer Bücher über schottische Politiker sowie beide Referenda. "Inzwischen sind sie aber aktiver geworden, weil sie gemerkt haben, dass es zur Niederlage kommen könnte."

      Keine klare Position in Nordirland

      Die Regionalregierung von Nordirland ist derweil mittendurch gespalten: Während die irisch-katholischen Republikaner von Sinn Féin mit dem VizeRegierungschef McGuinness sowie die anderen Nationalistenparteien in der EU bleiben wollen, agitiert die protestantische DUP von Ministerpräsidentin Arlene Foster für den Brexit. Umfragen zufolge dürften solide 60 Prozent proeuropäisch abstimmen. In der Diskussion spielt vor allem das enge Verhältnis zu Irland eine Rolle, das als Garantie für den fast 20 Jahre anhaltenden Friedensprozess dient. Der Brexit werde den regen Handel über die kaum noch sichtbare Grenze behindern, ja neue Kontrollen nötig machen, warnen führende Politiker. Demonstrativ trafen sich die beiden britischen Expremiers John Major (1990-1997) und Tony Blair (1997-2007) in Derry und spazierten über die Friedensbrücke, die dort mit EU-Geldern über den Foyle geschlagen wurde. "Auf dem Wahlzettel steht auch die Einheit unseres Landes", sagte Major, der wie Blair maßgeblich am Friedensprozess beteiligt war.

      Waliser Konservative für Brexit

      In Wales sind die Konservativen unter ihrem Regionalchef Andrew Davies sogar mehrheitlich für den EU-Austritt. Viele der Parteimitglieder hätten im Landtagswahlkampf "für den Brexit geworben anstatt für die Partei", lautet die Beobachtung des Cardiffer Politikprofessors Richard Wyn Jones. Anfang Mai zog zudem Ukip mit einer starken Fraktion in den Landtag von Cardiff ein. Während die Nationalistenpartei Plaid Cymru und die geschrumpften Liberaldemokraten geschlossen für die EU werben, erlebt die Regierungspartei Labour beim Gespräch mit Anhängern Ähnliches wie in vielen englischen Städten: Viele Wähler der alten Arbeiterpartei teilen die Skepsis gegenüber der EU. Das Votum der gut drei Millionen Waliser dürfte deshalb ähnlich knapp ausfallen wie in England. Viel hängt in den Regionen von der Beteiligung ab. Neben der Ermüdung über allzu viele Urnengänge wirkt auch immer noch eine Verdrossenheit über den Abstimmungstermin nach. Geschlossen hatten Foster, Jones und Sturgeon bei Premier David Cameron gegen den 23. Juni protestiert, weil der Abstand zu den Landtagswahlen nur sieben Wochen beträgt. Dass London den Unmut ignorierte, hat die Geschlossenheit im Lager der EU-Befürworter nicht gerade befördert.

      Quelle: derStandard.at


      “For where all love is, the speaking is unnecessary. It is all. It is undying. And it is enough.”



      "I wanted ye from the first moment I saw ye. But I loved ye when ye wept in my arms that first night at Leoch. But now...I wake up every day, and I find that I love you more than I did the day before."

      Schotten und Nordiren pro EU - Am Brexit könnte das Vereinigte Königreich zerbrechen

      Nach dem Brexit-Votum Großbritanniens will Schottland in die EU zurückkehren. Die deutliche Mehrheit der Schotten stimmte für einen EU-Verbleib. Auch in Nordirland regt sich Widerstand.

      Das Nein zur EU-Mitgliedschaft könnte Großbritannien nicht nur aus der europäischen Staatengemeinschaft herauslösen, sondern auch ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs mit sich ziehen. Die schottische First Ministerin Nicola Sturgeon und die nordirische Sinn Fein kündigten eigene Referenden an.

      Sturgeon will Schottland mithilfe eines neuen Unabhängigkeitsreferendums in die EU-Gemeinschaft zurückführen. "Schottland sieht seine Zukunft als Teil der EU", sagte die schottische First Ministerin Nicola Sturgeon dem Sender Sky News. Der BBC sagte sie: "Schottland hat klar und entschieden für den EU-Verbleib gestimmt, mit 62 zu 38 Prozent."

      Schottland gehört mit Wales, Nordirland und England zum Vereinigten Königreich und ist traditionell proeuropäisch. Vor zwei Jahren hatten die Schotten über eine Abspaltung von Großbritannien abgestimmt, damals hatte die Bevölkerungsmehrheit London aber die Treue gehalten. Für den Fall des Brexit hatte Sturgeon angedeutet, einen neuen Anlauf zu einem Unabhängigkeitsreferendum zu erwägen.

      "Nie wollte ich dringender magische Kräfte"

      Bei dem EU-Referendum hat nach Prognosen dreier Sender das Brexit-Lager gewonnen. Nach Auszählung von 360 der 382 Wahlbezirke hätten die EU-Gegner einen Vorsprung von mehr als einer Million Stimmen, berichtete die BBC. Mit der Verkündung des Endergebnisses wird um 08.00 Uhr (MESZ) gerechnet.

      Prominente Unterstützung erhält Sturgeon von Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling. "Ich denke, nie wollte ich dringender magische Kräfte", twitterte sie. "Schottland wird die Unabhängigkeit anstreben." Premierminister David Camerons' Vermächtnis werde es sein, zwei Staaten-Bündnisse zu zerbrechen, sagte sie mit Blick auf die EU und das Vereinigte Königreich. "Beides hätte nicht sein müssen."

      J.K. Rowling hat Angharad Cole retweetet

      Scotland will seek independence now. Cameron's legacy will be breaking up two unions. Neither needed to happen.

      In Nordirland nimmt die Partei Sinn Fein das Brexit-Votum zum Anlass, über eine Vereinigung mit Irland abstimmen lassen zu wollen. Zur Begründung nannte Sinn-Fein-Chef Declan Kearney am Freitagmorgen, die von London aus regierten Nordiren hätten bei dem Referendum für den EU-Verbleib gestimmt. Der Norden werde allein durch das Abstimmungsergebnis in England aus der EU gedrängt.

      "Sinn Fein wird jetzt unsere alte Forderung nach einer Umfrage über die Grenze vorantreiben", sagte Kearney. Die Nationalisten, die als einzige Partei in beiden Teilen der irischen Insel populär sind, sind mit 28 Sitzen zweitstärkste Kraft in der Nordirland-Versammlung.

      Quelle: N 24


      “For where all love is, the speaking is unnecessary. It is all. It is undying. And it is enough.”



      "I wanted ye from the first moment I saw ye. But I loved ye when ye wept in my arms that first night at Leoch. But now...I wake up every day, and I find that I love you more than I did the day before."
      Schottland und Nordirland haben bereits ein Referendum angekündigt.


      “For where all love is, the speaking is unnecessary. It is all. It is undying. And it is enough.”



      "I wanted ye from the first moment I saw ye. But I loved ye when ye wept in my arms that first night at Leoch. But now...I wake up every day, and I find that I love you more than I did the day before."

      Tausende Londoner fordern Unabhängigkeit der Stadt

      Nach dem Votum für einen Brexit haben sich zehntausende Londoner für einen Verbleib ihrer Stadt in der EU ausgesprochen. Über 46.000 Menschen unterzeichneten bis Abend eine Petition auf der Online-Plattform Change.org, in der Bürgermeister Sadiq Khan aufgefordert wird, die Hauptstadt für unabhängig zu erklären und ihren EU-Beitritt zu beantragen. Im Gegensatz zur Mehrheit der Briten haben 60 Prozent der Londoner gegen den EU-Austritt gestimmt.

      "London ist eine internationale Stadt, und wir wollen im Herzen Europas bleiben", heißt es in der Petition: "Machen wir uns nichts vor - der Rest des Landes ist anderer Meinung. Deshalb sollten wir, statt bei jeder Wahl künftig passiv-aggressiv gegeneinander zu stimmen, die Scheidung vollziehen und mit unseren Freunden auf dem Kontinent zusammenziehen". Eine weitere Online-Petition mit dem Titel "London soll Teil der Europäischen Union bleiben" sammelte über 9000 Unterschriften.

      Bei dem Referendum hatten am Donnerstag insgesamt knapp 52 Prozent der Briten einen EU-Austritt befürwortet. Neben der britischen Hauptstadt votierten allerdings vor allem Schottland und Nordirland mehrheitlich für einen Verbleib.

      Darauf gingen auch viele Nutzer des Kurzbotschaftendienstes Twitter ein. Einer von ihnen kommentierte: "Nicht mehr länger Brite, sondern Londoner", eine weitere schrieb: "Ich hoffe wirklich, wir sind nur raus und nicht völlig raus". Und die Nutzerin Clare Fenwick twitterte: "Ich bin nun offiziell für Schottlands Unabhängigkeit, ein Vereinigtes Irland und den Stadtstaat London".


      Quelle: N 24


      “For where all love is, the speaking is unnecessary. It is all. It is undying. And it is enough.”



      "I wanted ye from the first moment I saw ye. But I loved ye when ye wept in my arms that first night at Leoch. But now...I wake up every day, and I find that I love you more than I did the day before."